„Die GKV-Finanzen müssen zukunftssicher aufgestellt werden“
Die Verwaltungsratsvorsitzenden Dieter F. Märtens und Dominik Kruchen blicken auf die Finanzen des letzten Jahres.
2 Minuten Lesezeit
Interview: Kerstin Grießmeier
Das zurückliegende Jahr war mit Blick auf die Finanzen herausfordernd, für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) insgesamt genauso wie für die TK. Die alternierenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats der TK, Dieter F. Märtens und Dominik Kruchen, ziehen Bilanz.
Wie blicken Sie als Verwaltungsratsvorsitzende auf das Geschäftsjahr 2021 zurück?
Dieter F. Märtens Mit gemischten Gefühlen. Grund zur Freude ist, dass die TK weiterwächst und 2021 fast 108.000 Versicherte mehr als ein Jahr zuvor hat. Keine Freude kommt hingegen auf, wenn ich an die Entwicklungen im Bereich Finanzen denke, die die gesamte gesetzliche Krankenversicherung betreffen.
1,0%
betrug das Versichertenwachstum im Jahr 2021.
Wo liegt das Problem?
Dominik Kruchen Die Kosten für Gesundheit steigen immens. Das sehen wir auch bei der TK. Unsere Leistungsausgaben pro Kopf sind 2021 gegenüber dem Vorjahr um 6,7 Prozent gestiegen – insgesamt betrugen sie 32,8 Milliarden Euro. Dieser Anstieg ist kein Ausrutscher – auch wenn im Vorjahr pandemiebedingt weniger Leistungen als sonst in Anspruch genommen wurden. Aber: Die gesamte GKV verzeichnet Jahr für Jahr deutliche Anstiege und steht damit vor großen Finanzierungslücken. Viele Jahre konnte das durch steigende Einnahmen wegen der guten Konjunktursituation kompensiert werden, spätestens mit Beginn der Pandemie war das aber nicht mehr so.
8,3%
betrug der Ausgabenanstieg für Arzneimittel je Versicherte:n im Jahr 2021.
Woran liegt das?
Märtens Ein zentraler Faktor sind die Folgen der Gesetzgebung. Die Gesundheitspolitik der vergangenen Legislaturperioden wird 2022 geschätzt rund elf Milliarden Euro kosten.
Wie macht sich die Pandemie bemerkbar?
Kruchen Die Pandemie kostete auch 2021 viel Geld, insbesondere die gesetzlichen Maßnahmenpakete zur Unterstützung von Krankenhäusern, Praxen und anderen Leistungserbringern.
Märtens Die Pandemie wirkt sich im Jahresverlauf unterschiedlich auf das Leistungsgeschehen aus. Vor allem im ersten Quartal 2021 gingen etwa die stationären Aufenthalte spürbar gegenüber 2019 zurück, in den folgenden Quartalen war dieser Rückgang weniger stark ausgeprägt.
9,5
Milliarden Euro betrugen die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen im Jahr 2021.
Wie könnte eine Lösung für die GKV-Finanzen aussehen?
Märtens Die GKV-Finanzen müssen zukunftssicher aufgestellt werden, das ist die Grundlage für eine gute Versorgung. Dazu gehört auch, dass der Staat da, wo wir Krankenkassen gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernehmen, den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern die entstandenen Kosten aus Steuermitteln erstattet.
Welche Aufgaben hat der Verwaltungsrat in Sachen Finanzen?
Kruchen Wir vertreten die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, also Arbeitgeber und Mitglieder. Eine unserer zentralen Aufgaben ist, den Haushaltsplan zu prüfen und zu verabschieden, aus dem sich auch die Höhe des Zusatzbeitrags ergibt. Wenn die Haushaltsplanung jedes Jahr wieder bis kurz vor Jahresende auf spontane Entscheidungen der Politik warten muss, wie wir es nun zweimal erlebt haben, erschwert das unsere Arbeit sehr.