
„Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen“
Stressfaktor Arbeit und was Beschäftigte und Arbeitgeber tun können – Dr. Bertolt Meyer im Interview.
Stressfaktor Arbeit und was Beschäftigte und Arbeitgeber tun können – Dr. Bertolt Meyer im Interview.
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Nach 2013 und 2016 hat die TK zum dritten Mal das Stresslevel der Menschen in Deutschland untersucht. Was sind die größten Auffälligkeiten?
Professor Dr. Bertolt Meyer Gerade der Anteil derer, die häufig gestresst sind, hat in den vergangenen acht Jahren zugenommen. 2013 fühlte sich noch jeder beziehungsweise jede Fünfte häufig gestresst, 2021 sind es mit 26 Prozent jeder beziehungsweise jede Vierte. Außerdem fällt auf, dass Stress in allen Altersgruppen angestiegen ist: Heute sind die Menschen in Deutschland von der Schule bis zum Renteneintrittsalter gleichermaßen stark gestresst.
Was stresst die Menschen in Deutschland am meisten?
Meyer Stressauslöser Nummer eins ist wie in den vergangenen Jahren schon der Job beziehungsweise Schule und Studium. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die eigenen hohen Ansprüche an sich selbst und die Sorge um kranke Nahestehende. Bei Letzterem erkennen wir einen deutlichen Einfluss der Coronapandemie. Weitere Stressoren sind Konflikte im Privatleben, die ständige Erreichbarkeit durch Smartphone und soziale Medien und Freizeitstress.
Die Arbeit ist für die Menschen der größte Stressfaktor, was können Arbeitgeber und Beschäftigte konkret dagegen tun?
Meyer Stress wird sich in der Arbeitswelt nie ganz vermeiden lassen. Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen. Arbeitgeber sind gefragt, für eine gute Arbeitsorganisation und eine positive und wertschätzende Unternehmenskultur zu sorgen. Besonders Führungskräfte haben dabei eine große Vorbildfunktion. Andererseits muss auch jede und jeder ein Stück weit selbst dafür sorgen, dass er oder sie die Batterien regelmäßig wieder auflädt, zum Beispiel mit Sport, Treffen mit Freundinnen und Freunden oder Bewegung an der frischen Luft. Da hat jeder Mensch individuelle Bedürfnisse.
Wie hoch ist das Stresslevel der Menschen in Deutschland? Mit welchen Strategien begegnen sie Druck? Und wie hat sich die Pandemie ausgewirkt? Antworten liefert eine repräsentative Befragung im Rahmen der Stressstudie, die die TK im Jahr 2021 nach 2013 und 2016 zum dritten Mal veröffentlicht hat. Befragt wurden bundesweit 1.000 Menschen ab 18 Jahren.
der Befragten geben an, dass ihr Leben seit Beginn der Pandemie stressiger geworden ist
Häufig Gestresste leiden – verglichen mit selten Gestressten – deutlich öfter unter Erschöpfung (80 % vs. 13 %), Schlafstörungen (52 % vs. 28 %), Kopfschmerzen (40 % vs. 13 %) und Niedergeschlagenheit/ Depressionen (34 % vs. 7 %).
der Menschen in Deutschland fühlen sich häufig privat oder beruflich gestresst. Ein Anstieg im Vergleich zur Befragung 2013 – damals sagten 20 Prozent, dass sie häufig Stress empfinden.
gehen laut Befragung ihren Hobbys nach, um Stress abzubauen. Hobbys liegen damit auf dem ersten Platz bei den Entspannungsstrategien.
Zu den Hauptbelastungsfaktoren der befragten Beschäftigten gehören: zu viel Arbeit (32 %), Termindruck (32 %), Unterbrechungen (28 %), Informationsflut (23 %) und schlechte Arbeitsbedingungen (19 %).