Die Zukunft ist jetzt!

Warum Deutschland seine Einstellung zum Datenschutz ändern muss - eine Kolumne von Dr. Jens Baas.

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Wenn über das Gesundheitswesen der Zukunft berichtet wird, werden meist futuristische Roboter gezeigt, die eigenständig operieren, oder künstliche Organe, die in der Petrischale gezüchtet werden. Das sind plakative Beispiele für die Medizin der Zukunft. Was dabei aber übersehen wird: Der wirklich bedeutende Fortschritt für unsere Gesundheit findet wenig sichtbar auf den Servern des Gesundheitssystems statt.

Dr. Jens Baas

Dr. Jens Baas ist Vorsitzender des Vorstands der TK. In dieser Funktion ist der promovierte Arzt für die Unternehmensbereiche Marke und Marketing, Finanzen und Controlling, Informationstechnologie, Unternehmensentwicklung, Politik und Kommunikation sowie Verwaltungsrat und Vorstand verantwortlich.

„Daten ermöglichen es, Medizin persönlicher zu machen und Therapien optimal abzustimmen.“

Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK

Wenn die bereits vorliegenden Daten klug genutzt und vor allem sinnvoll zusammengeführt werden, können wir die Versorgung für jeden Einzelnen und jede Einzelne enorm verbessern. Aus Daten lässt sich ablesen, wo Prävention gezielt eingesetzt werden muss, um bereits die Entstehung von Krankheiten zu verhindern. Gleichzeitig lassen sich aber auch die optimalen Versorgungspfade ermitteln und Ärztinnen und Ärzte können somit individueller behandeln. Daten ermöglichen es, Medizin persönlicher zu machen und Therapien optimal abzustimmen.

Wir müssen das Wohl der einzelnen Person und den notwendigen Datenschutz sorgfältig miteinander abwägen. Das muss auch bedeuten, dass Patientinnen und Patienten ein Recht darauf haben, dass ihre Daten für ihre Gesundheit genutzt werden, wenn sie das möchten. Es wäre unverantwortlich, wenn medizinische Daten nicht genutzt werden, obwohl dadurch Menschen geholfen und sogar Leben gerettet werden könnten.

Es ist entscheidend, dass wir jetzt die Weichen dafür stellen, das Potenzial, das die Auswertung von Daten für die Medizin bringt, auszuschöpfen. Es geht beim Thema Datenschutz oft gar nicht um konkrete Argumente, die gegen die Nutzung der Daten sprechen. Vielmehr werden diffuse Ängste vor einer dystopischen Entwicklung der Gesellschaft hin zu einem Überwachungsstaat angeführt. Was passiert, wenn wir Daten nicht systematisch nutzen, hat Corona überdeutlich gezeigt: Wir wissen nicht, wie viele Menschen geimpft sind, wer infiziert ist und wo sich die Menschen angesteckt haben. Dabei wären genau diese Fakten essenziell gewesen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Pandemie in den Griff zu bekommen. Das reale Risiko nicht genutzter Daten überwiegt potenzielle Gefahren bei Weitem.

Wir haben in Deutschland ein Problem in der Wahrnehmung. Sobald es um die Speicherung und Auswertung von Daten geht, wird der potenzielle Missbrauch höher gewertet als die Chancen der Nutzung. Deutschland muss seine Einstellung zum Datenschutz grundlegend ändern. Ein Licht am Horizont ist das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Wir sehen in anderen EU-Ländern, dass Daten dort deutlich progressiver genutzt werden. Die Datenschutzgrundverordnung, die so oft als Argument vorgeschoben wird, ist hier also nicht der Stopper. Deutschland setzt sich seine Grenzen bei der Nutzung von Daten selbst. Jetzt ist die Gelegenheit, Datenschutz im Sinne der Patientinnen und Patienten zu definieren!

 

 

„Was passiert, wenn wir Daten nicht systematisch nutzen, hat Corona überdeutlich gezeigt.“

Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK